22. November 2016, Geddiboy
Bevor das Entwicklerstudio RARE sich aufmachte, Videospielgeschichte zu schreiben, arbeitete das mittlerweile legendäre Team auch an eher mittelmäßigen oder unbekannten Titeln. Ein Beispiel hierfür ist „The Amazing Spider-Man“ für den Game Boy, welches bei der Spielergemeinde eher gemischte Gefühle hervorgerufen hat.
Spider-Man ist ein Action-Plattformer. Der Spinnenmann hüpft und prügelt sich von links nach rechts durch insgesamt sechs Levels, an deren Ende er einen der sechs Endbosse herausfordert um schließlich zu Venom vorzudringen, welcher Spider-Mans geheime Identität aufgedeckt und seine Freundin Mary Jane entführt hat.
Drückt ihr den B-Knopf, führt Spider-Man einen Faustschlag aus, in der Hocke bzw. im Sprung tritt er zu. Haltet ihr den B-Knopf gedrückt, verschießt Spider-Man seine berüchtigten Netze, allerdings nur solange genügend Netzenergie vorhanden ist. Diese könnt ihr mit Kartuschen aufladen, welche besiegte Gegner fallen lassen. Das Netz kann in mehreren Stufen ausgebaut werden: aus einem mickrigen Einfachschuss wird so zunächst ein Dreifachschuss. Sammelt ihr weitere Upgrades ein, vergrößert sich das Geschoß erst zu einem, dann zu drei großen Netzen. Der A-Knopf ist mit der doch recht komplizierten Sprungsteuerung belegt, welche später genauer erläutert wird.
Das Grundgerüst des Spieles ist absolut gelungen: der Held hat interessante Fähigkeiten, das Platforming ist knackig und abwechslungsreich und aus den Comics bekannte Endgegner geben sich die Ehre. Auch die visuelle Präsentation ist über jeden Zweifel erhaben: die Levels sind sehr abwechslungsreich und detailliert, die Sprites sind groß und die Animationen flüssig. Abwechslung wird durch zwei vertikale Levels geboten, in welchen Spidey an der Wand eines Hochhauses hochklettert, während Schlägertypen ihn aus den Fenstern heraus beharken Der Sound geht in Ordnung, die Musikuntermalung ist für einen Action-Plattformer sehr passend. Was also hält das Spiel davon ab, ein guter Vertreter seines Genres zu sein?
Ein großes Manko ist die Bedienung. Der normale Faustschlag wird mit einer gewissen Verzögerung ausgeführt, und ist damit äußerst schwierig zu timen. Am besten steigt man komplett auf den Fußtritt in der Hocke um, damit lassen sich Gegner weitaus zuverlässiger bekämpfen. Richtig schlimm wird es beim Springen: den A-Knopf angetippt, und Spidey macht einen Hopser. Bleibt man länger auf dem Knopf, springt Spider-Man bis zum oberen Bildschirmrand, was allerdings nur funktioniert, wenn man vorher Anlauf genommen hat. Bleibt ihr nun noch länger auf dem A-Knopf, hängt sich Spider-Man an die Spinnenfäden und kann Abgründe überwinden. Diese Steuerung ist grundsätzlich durchdacht und funktioniert auch, jedenfalls solange ihr genau wisst was ihr tut. Die Sprungsteuerung ist aber definitiv Übungssache und führt zu zahllosen Frustmomenten, wenn ihr versucht, die Spinnenfäden auszulösen und kläglich in den Abgrund hüpft, weil ihr entweder keinen Anlauf hattet oder den Knopf zu früh losgelassen habt.
Die mangelnde Gegnervielfalt ist eine weitere Schwäche des Spiels. Menschliche Bösewichte sehen immer gleich aus, unterscheiden sich nur in ihrer Bewaffnung (Faust, Messer, Pistole). Hauptsächlich erwehrt sich der Superheld der ihm anscheinend extrem feindlich gesinnten Tierwelt. So verkloppt ihr in einigen Leveln schwärmeweise Vögel und Fledermäuse (U-Bahn Level!). Zwar sind Tiere als Gegner in Videospielen keine Seltenheit, jedoch haben es die Entwickler hier einfach übertrieben. Dies geht einerseits zu Lasten der Abwechslung, andererseits ist es einfach etwas enttäuschend, wenn ein Superheld wie Spider-Man seine Kräfte einsetzt um Vögel im Park zu verprügeln.
Leider wiegen die negativen Punkte des Spiels so schwer, dass trotz einer ansonsten gelungenen Ausführung nur ein Platz im Mittelfeld für Spider-Man bleibt. Durch die oftmals frustrierende Steuerung ist der Schwierigkeitsgrad unnötig hoch, und einige Levels sind mangels interessanter Gegner schlicht langweilig. So kann leider das vorhandene Potential nicht ausgenutzt werden, wobei es dennoch möglich ist eine gute Zeit mit dem Spiel haben, sofern man etwas Geduld mitbringt sowie die Bereitschaft, sich auf die Steuerung einzulassen.
Wertung
6/10
Genre: Jump n’Run
Spieler: 1
Entwickler: RARE
Publisher: Nintendo
Erscheinungsjahr: 1990
Schwierigkeitsgrad: mittel
Kommentare
Geddiboy
Wertung:
Spider-Man war eines der ersten Spiele in meinem Freundeskreis. Zwar konnte es keiner durchspielen, man hatte aber auch nicht das Gefühl ein schlechtes Spiel zu spielen. Heute sagt der prüfend-kritischen Blick des langjährigen Zockers, dass hier viel Potential verschenkt wurde. Durchgespielt hab ich es mittlerweile trotzdem, kann aber jeden verstehen, der das Modul frustriert aus der Hand legt.