Castlevania Legends

25. August 2019, Seppatoni
Sechs Jahre nachdem im herausragenden Castlevania II: Belmont’s Revenge die Peitsche zum bislang letzten Mal geschwungen wurde, veröffentlichte Konami mit Castlevania Legends einen dritten und finalen Serienableger für den klassischen Game Boy. Storytechnisch markierte das Spiel damals den Beginn der Vampirjäger-Saga und liess mit Sonia Belmont erstmals eine Frau in die Rolle des Hauptprotagonisten schlüpfen.

Wir schreiben das Jahr 1450, als durch einen Pakt finsterer Mächte ein mächtiger Dämonenkönig emporstieg und mit seinen heraufbeschworenen Kreaturen aus der Unterwelt den Europäischen Kontinent in Angst und Schrecken versetzte. Er sollte bekannt werden als Graf Dracula. Zur gleichen Zeit lebte eine junge Frau aus dem noblen Hause Belmont, welche übernatürliche Kräfte besass. Ihr Grossvater erkannte dies und trainierte sie im Umgang mit einer magischen Peitsche.

Eines Nachts, sie war gerade 17 Jahre alt, traf sie auf den mysteriösen Alucard. Er war der Sohn Draculas und hatte sich von ihm und dessen Greueltaten abgewandt. Sonia schloss mit Alucard einen Pakt, um den Grafen zu stoppen. Kurz darauf wurde das zu Haus Ihrer Familie von Monstern heimgesucht. In den Ruinen des Gebäudes fand sie ihren Grossvater, der ihr mit seinen letzten Atemzügen die Peitsche überreichte und mitteilte, dass sie ihre aussergewöhnlichen Fähigkeiten nutzen müsse um die Welt vom Bösen zu befreien.

So macht sich Sonia auf den Weg zum Schloss Draculas, der sie zu Beginn durch Wälder und Friedhöfe führt, und später auch in den Glockenturm oder eine Kathedrale innerhalb des Schlosses. Die einzelnen Welten werden durch Türen unterteilt, welche jeweils auch den Restart-Point nach einem Ableben oder auch einem Game Over darstellen. Typisch für die Game Boy-Ableger sind auch die Seile, an welchen Sonia emporklettern oder auch hinabrutschen kann.

Während ihres Abenteuers stösst Sonia nicht nur auf zahlreiche bösartige Ungeheuer, sondern auch massig Kerzen, welche jeweils nützliche Gegenstände beinhalten. Findet ihr einen Kristall, könnt ihr damit eure Peitsche in 2 Stufen upgraden. Bei der ersten Erweiterung gewinnt sie an doppelter Schlagkraft, die stärkste Version lässt euch zusätzlich Feuerbälle auf Gegner schleudern. Auch Extraleben und energieauffrischendes Fleisch findet man gelegentlich in den Lichtquellen. Hinter hellen Kerzen verbergen sich teils sogar Fallen, welche euch in Räume führen, in denen es von Monstern nur so wimmelt.

Am meisten stösst ihr dabei jedoch auf Herzen. Diese werden für den Einsatz der sogenannten Soul Weapons genutzt. Es handelt sich dabei um spezielle Fähigkeiten, welche Sonia nach Beendigung eines Abschnitts in Form eines Orbs erhält.  Der Wind beispielsweise friert alle Gegner für eine kurze Zeit ein, Eis füllt Sonias komplette Lebensenergie und Feuer schädigt alle Gegner auf dem Bildschirm. Insgesamt fünf Soul Weapons gibt es zu finden.

Auch altbekannte Extrawaffen wie die Axt, das Kreuz oder Weihwasser sind in den verschiedenen Abschnitten verstecken – nur nutzen kann Sonja diese nicht. In Castlevania Legends übernehmen diese Gegenstände die Funktion als sammelbare Bonusitems. In jeder Stage gibt es ein gut verstecktes Exemplar, wer alle ergattert wird am Ende mit einem besonderen Abspann belohnt.

Insgesamt 5 Welten gilt es auf dem Weg dahin zu bewältigen, dazu gesellt sich noch eine geheime Bonuswelt. Jede wird bewacht von einem mächtigen Boss wie einer Riesenfledermaus, einem Drachen oder dem Minotaurus. Speziell aber ist, dass ihr in Castlevania Legends keine Energieleiste für die Bosse seht – mit der Ausnahme des auch Genremässig aus der Reihe tanzenden Simon’s Quest ein Novum in der Serie. Zwar findet sich in eurer Menüleiste eine B-Anzeige, diese Leiste steht jedoch für den Burning Mode. Dieser kann einmal pro Leben und Level aktiviert werden und macht Sonja nicht nur unverwundbar, sondern sie wird auch schneller und stärker im Kampf gegen Widersacher. Das Ganze dauerte jedoch nur eine kurze Zeit, sobald die Anzeige leer ist, ist Sonja wieder im Normalzustand unterwegs.

Die Präsentation des Titels ist dabei ordentlich gelungen. Die Grafik erreicht zwar zu keinem Zeitpunkt das detailverliebte Niveau des Vorgängers, sorgt aber für Übersicht. Dazu wird die Story in Textboxen mit schick in Szene gesetzten Portraits der Protagonisten weitererzählt. Auch der Super Game Boy wird unterstützt, bietet jedoch nur einen schlichten Rahmen und je nach Level ein eigenes Farbthema. Musikalisch gestaltet sich Castlevania Legends als durchwachsen. Neben den unverwüstlichen Stücken wie Bloody Tears oder Vampire Killer werdet ihr auch von neuen Kompositionen begleitet, deren Qualität stark schwankt. Die kernigen Soundeffekte hingegen passen bestens zum Spielablauf.

Der Umfang mit 5 grossen Welten (plus Geheimwelt) ist ordentlich, dank 4-stelligem Passwortsystem könnt ihr zudem jederzeit wieder einsteigen. An der Steuerung lässt einzig die Buttonkombination des Burning Mode Kritik aufkommen: mit A+B+oben aktiviert ihr diesen, und es kommt nicht selten vor, dass bei hitzigen Gefechten oder Klettereinlagen dieser versehentlich ausgelöst wird. Setzt ihr ihn dennoch mal gezielt ein, wirkt er jedoch derart overpowered, dass er selbst Bosskämpfe zum Kinderspiel verkommen lässt. Davon abgesehen wird jedoch ein knackiger Schwierigkeitsgrad geboten, allerdings haben unfaire Stellen leider einen grossen Anteil daran, was leider unnötig für Frust und geschundene Nerven sorgt. Der zusätzliche Light Mode, bei welchem ihr stets mit der stärksten Peitsche auf Wegen seid, schafft hier nur bedingt Abhilfe.

So erscheinen bereits besiegte Gegner immer wieder, sobald das Bild auch nur ein bisschen in die entgegengesetzte Richtung scrollt. An Seilen seid ihr so den herumwuselnden Geistern und Fledermäusen praktisch hilflos ausgeliefert. Auch bei einem Wechsel in einen neuen Abschnitt lauft oder klettert ihr nicht selten direkt in einen Gegner rein oder werdet auch mal vor ein Monster gestellt, das ohne aufgelevelte Peitsche gar nicht rechtzeitig ohne Schaden bezwungen werden kann. Vor allem beim kletterlastigen Level im Glockenturm werden die Nerven oftmals aufs Äusserste strapaziert.

Generell lässt sich an vielen Stellen der fehlende Feinschliff feststellen. Gerade im Vergleich zum vorzüglichen Vorgänger ein unverständliches Versäumnis. Auch die fragwürdige Entscheidung, die klassischen Waffen nur als Ausstellungsstücke zu integrieren und dafür die teils unnütze Soulweapons zu integrieren, entpuppt sich als Rohrkrepierer. Auch die ausgeklügelten Bosskämpfe des Vorgängers mussten Duellen nach 08/15-Schema weichen.

Insgesamt ist Castlevania Legends trotz zahlreicher guter Ideen und Ansätzen leider durchwegs eine Enttäuschung. Mängel im Gamedesign und die teils damit zusammenhängenden unfairen Stellen sind alles andere als förderlich für den Spielspass, auch das restliche Drumherum kann nur bedingt überzeugen, erweist sich im Vergleich zum Vorgänger gar durchgehend als Rückschritt. Damit bleibt Castlevania Legends nur ein Fall für hartgesottene Serien-Fans, alle anderen sollten lieber nochmals Teil 2 spielen – oder können sogar mit dem etwas zähen ersten Teil vorliebnehmen.

 

Wertung

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6/10

Genre: Action / Jump n’Run
Spieler: 1
Entwickler: KCE Nagoya
Publisher: Konami
Erscheinungsjahr: 1998
Schwierigkeitsgrad: mittel-hoch
Bemerkung: SGB-Unterstützung

Kommentare


Seppatoni
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Wertung:
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Was habe ich mich damals gefreut, als nach so langer Zeit endlich ein neues Castlevania für den Game Boy angekündigt wurde. Etwas ernüchtert war ich dann jedoch, als ich den Test in der TOTAL! gelesen hatte. Dies hielt mich jedoch nicht davon ab, mir das Modul später dennoch zu holen. Allerdings habe ich es nie weiter als 2-3 Welten gespielt. Nun, etliche Jahre später habe ich nach der Veröffentlichung der Castlevania Anniversary Collection für aktuellen Systeme wieder Lust bekommen, mich dem einzigen in der Sammlung fehlenden GB-Titel zu widmen und ich fragte mich, weshalb ich diesen damals nie durchgespielt hatte. Im Verlauf des Abenteuers wurde ich jedoch schnell wieder daran erinnert. Unfaire stellen zuhauf, stellenweise ödes Leveldesign und ein fragwürdiges Waffensystem brachten den kleinen Vampirjäger in mir zum Weinen. Keine Ahnung wie oft ich genervt das Spiel abbrach, aber am Ende zwang ich mich doch irgendwie durch – aber auch nur um den Titel endlich von meiner ToDo-Liste zu haben.