Heutzutage sind Flashcards für Retro-Konsolen nichts mehr aussergewöhnliches. Für fast jedes populäre System gibt es Möglichkeiten, ROMs auf (micro)SD-Karten zu laden und diese dann in einem speziell zu diesem Zweck angefertigten Modul auf der Originalkonsole zu spielen.
Das war bis 1997 noch reines Wunschdenken. Das änderte sich, als das in Hong Kong angesiedelte Unternehmen Bung mit den GB XChanger auf den Markt brachte. Ein Stück Hardware, das dazu diente, Game Boy-Module auszulesen und im ROM-Format als Backup auf dem PC zu speichern. Auch Spielstände konnten so kopiert werden. Die Verbindung zum PC wurde über den Parallel Port hergestellt, die zugehörige Software namens GBX-Tool auf einer beiliegenden CD mitgeliefert. Für den Betrieb musste es mit 6 AAA Batterien gefüttert werden oder konnte auch mit einem 9V-Netzteil versorgt werden. Die Anleitung zu Gerät und Software haben wir hier für euch eingescannt.
Der wahre Clou an der Sache war jedoch die ebenfalls von Bung erhältliche „Doctor GB Card“. Eine Flashcard, die in den Ausführungen 4M, 16M und 64M (basierend auf der Speicherkapazität in Mbit) erhältlich war. Mittels GB XChanger, der in manchen Regionen auch als Flash Linker vertrieben wurde, konnten mehrere Game-Boy-ROMs auf dieses eine Modul geladen werden. Fortan konnte man sich seine Spielesammlung selber auf das Modul laden und dank integrierter Batterie auch den Spielfortschritt bei Titeln wie Wario Land oder Zelda speichern. Nachteil der Doctor GB Card war jedoch ihr Energiebedarf. Wenn man nicht grad einen klassischen BMG-Game Boy nutzte, waren die Batterien oft relativ schnell leergespielt.
Das brachte den GB XChanger in Kombination mit der Flashcard jedoch nicht von der Erfolgsspur ab. Im Gegenteil, mit der Veröffentlichung des Game Boy Colors und dem Start der GBC Szene gewannen die Produkte massiv an Popularität. Doch nicht nur Homebrew-Freunde fanden Gefallen an dem Gerät, aufgrund eines erheblichen Mangels an offizieller Entwicklungshardware von Nintendo selber griffen viele Spieleentwickler auf die Lösung von Bung zurück. Das blieb dem Hersteller natürlich nicht verborgen, und warb verstärkt mit dieser Anwendungsmöglichkeit und sponserte sogar Wettbewerbe für Hobby-Gameentwickler.
Doch, man muss sich nichts vormachen, die Flashcard wurde nur zu einem kleinen Teil von Spieleentwicklern oder für das Spielen eigener Backups verwendet. Den grossen Teil seiner Popularität verdankt der GB XChanger der Tatsache, dass man jedes beliebige Game Boy (Color) Spiel aus dem Internet downloaden und auf das Modul laden konnte. Rechtlich gesehen natürlich illegal, aber am Ende oblag es dem User, wozu er Flashmodul und Loader verwendete.
Wer das Gerät heute noch verwenden möchte, der sollte am besten einen alten Rechner mit Windows 98 oder maximal XP bereithalten, inklusive einem Parallelport. Von Versuchen an neueren Geräten mit Virtuellen Rechnern oder Parallel-Adaptern gibt es bislang leider keine Erfolgsmeldungen.






